Klausurtagungen – ein MUSS für jeden Betriebsrat!
Die Aufgaben des Betriebsrates sind komplex und vielfältig. Sie umfassen rechtliche, aber auch betriebswirtschaftliche, organisationstheoretische, gesundheitliche und viele andere Aspekte. Der Betriebsrat muss adäquat auf Herausforderungen durch die Arbeitgeberin reagieren und gleichzeitig seine eigene Agenda verfolgen. Zahlreiche sich wiederholende Aufgaben vermischen sich mit langfristig zu planenden Angelegenheiten und eilenden Notfallthemen. Das sind eine Menge Anforderungen. Angesichts dessen ist es unerlässlich, dass der Betriebsrat seine Arbeit strukturiert und systematisch betreibt. Was das für jedes Gremium konkret bedeutet, kann sehr unterschiedlich sein. Doch für die Erarbeitung des individuellen Wegs zu einer strukturierten Arbeitsweise empfehlen wir grundsätzlich das gleiche, hilfreiche Instrument: die Klausurtagung.
Was ist eine Klausurtagung?
Im Rahmen einer Klausurtagung nimmt sich der Betriebsrat Zeit, um seine bisherige Arbeit zu reflektieren und einen Plan für die kommenden Monate oder die nächste Legislatur zu erstellen. Die laufenden Geschäfte werden für den Moment zurückgestellt, so dass das Gremium genug Ruhe hat, um sich mit den großen Fragen der eigenen Tätigkeit zu beschäftigen. Eine Klausurtagung kann unter anderem für Folgendes genutzt werden:
- Evaluation der bisherigen Arbeit: Was hat im letzten Jahr gut funktioniert? Welche Erfolge konnte der Betriebsrat erzielen? Was hat nicht gut funktioniert und warum? Was kann im nächsten Jahr besser gemacht werden?
- Festlegen von Themen und Zielsetzungen für einen bestimmten zeitlichen Abschnitt: Womit will sich der Betriebsrat in der kommenden Zeit inhaltlich konkret beschäftigen und was sind seine Ziele? Damit verbunden sind auch: die Definition von Erfolgskriterien, die Verständigung über die Ausrichtung des Gremiums und das Entwickeln gemeinsamer Strategien zur Zielerreichung.
- Vereinbarung einer sinnvollen Arbeits- und Aufgabenverteilung innerhalb des Gremiums: Wer übernimmt welche Aufgabe? Zu welchen Themen sollten Ausschüsse eingerichtet werden? Wie sollen diese Ausschüsse arbeiten?
- Klärung eventuell bestehender Konflikte, seien sie persönlicher oder inhaltlicher Art. Die Klausurtagung ist auch ein Ort, an dem sich die Betriebsratsmitglieder besser kennenlernen und als Team zusammenwachsen können.
- Erarbeiten oder Überarbeiten einer Geschäftsordnung.
- Integration von Ersatzmitgliedern und anderen Kolleg*innen, die aus unterschiedlichen Gründen vielleicht nur schwer ins Gremium finden.
Dem Betriebsrat steht es frei, eine Klausurtagung so zu gestalten, dass sie am ehesten seinen konkreten Anforderungen und Wünschen entspricht und die Arbeit des eigenen Gremiums voranbringt. Es ist auch möglich, sich auf einer Klausurtagung ausschließlich mit einem besonderen inhaltlichen Problem zu beschäftigen, zum Beispiel einer anstehenden Betriebsvereinbarung. In diesem Falle sollten solche Tagungen aber zusätzlich zu den oben genannten generellen Klausurtagungen abgehalten werden.
Darf der Betriebsrat überhaupt Klausurtagungen veranstalten?
Ja. Im Sinne des Betriebsverfassungsrechtes gibt es für Klausurtagungen des Betriebsrates zwei Modelle:
- Modell: Eine Klausurtagung kann eine ausgedehnte Betriebsratssitzung sein, auf der sich speziell mit einem oder mehreren der oben genannten Themen befasst wird. Der Betriebsrat bzw. der*die Vorsitzende ist souverän darin, die Tagesordnung und die zeitliche Lage der Betriebsratssitzung festzulegen. Daraus ergibt sich, dass je nach Themenlage und Diskussionsstand eine BR-Sitzung auch mal länger dauern oder sogar über mehrere Tage verteilt werden kann. Die betrieblichen Belange sind zwar zu berücksichtigen, da Klausurtagungen aber nur selten stattfinden, sollte dies kein Problem darstellen.
- Modell: Der Betriebsrat lässt sich bei seiner Klausurtagung von einer externen Person begleiten. Was spricht dafür? Nun, als Gremium neigt man leicht zur Betriebsblindheit – das ist in jedem geschlossenen Kreis so und vollkommen normal. Der unverstellte Blick einer professionellen, außenstehenden Person kann hier eine große Hilfe sein. Dafür eignen sich Moderator*innen, fachliche und rechtliche Referent*innen oder Mediator*innen. Das LAG Hessen hat zum Beispiel entschieden, dass die Hinzuziehung einer Moderatorin zu einer Klausurtagung erforderlich sein kann und die Kosten dafür von der Arbeitgeberin zu tragen sind, sofern die Kommunikation im Gremium so gestört ist, dass eine Klärung auch von der*dem Vorsitzenden nicht bewältigt werden kann und die Zusammenarbeit im Gremium dadurch beeinträchtigt wird.[1]
Der Fitting Kommentar zum BetrVG erkennt an, dass BR-Arbeit so komplex ist, dass der Betriebsrat nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch in der Lage sein muss, anstehende Probleme sachgerecht zu bearbeiten. Deshalb hält er auch Schulungen zum BR-Management für erforderlich, in denen es um die sinnvolle Organisation der BR-Arbeit gehen soll. [2] Eine solche Schulung kann ebenfalls den Zweck einer Klausurtagung erfüllen, wenn sie als Inhouse-Seminar durchgeführt wird.
Wann und wo sollen Klausurtagungen stattfinden?
In welchem Rhythmus Klausurtagungen abgehalten werden, hängt von den betrieblichen Gegebenheiten ab. Als Orientierung lässt sich aber sagen, dass es sinnvoll ist, einmal jährlich eine Klausurtagung durchzuführen sowie zusätzliche Tagungen bei größeren Veränderungen, wie zum Beispiel einer Betriebsratsneuwahl, einer tiefgreifenden Betriebsänderung oder einem Betriebsübergang.
Auch die Länge der Tagungen kann unterschiedlich sein. Um wirklich intensiv an den oben genannten Fragen zu arbeiten, sollte sich das Gremium jedoch mindestens zwei Tage Zeit nehmen. Grundsätzlich empfiehlt es sich, eine mehrtägige Klausurtagung nicht im Betrieb, sondern an einem externen Tagungsort zu veranstalten. Nach einem Beschluss des LAG Hessen sind die Kosten hierfür von der Arbeitgeberin zu übernehmen. Der ausführlichen Begründung ist nichts hinzuzufügen:
“Der Charakter einer Klausurtagung verträgt sich nicht mit der Durchführung in den Betriebsräumen, die naturgemäß von dem in der Umgebung herrschenden Arbeitsklima, Kollegenkontakten und nicht auszuschließenden Störungen nicht unberührt bleiben. Eine positive Wirkung von Klausurtagungen besteht darin, dass alle störenden Einflüsse ausgeschaltet sind und sich die Teilnehmer voll konzentrieren können. Sie bietet daher die beste Gelegenheit, einige Grundsatzentscheidungen zu treffen und die Tätigkeit des Gremiums langfristig auszurichten.”[3]
Über die Arbeit hinaus kann dann auch die abendliche Freizeit gemeinsam verbracht werden, was dem Zusammenhalt im Gremium sicherlich zugute kommt.
Recht und Arbeit unterstützt Euch
Recht und Arbeit bietet nach § 37 Abs. 6 BetrVG erforderliche Inhouse-Seminare zum BR-Management an. Wir unterstützen Euch umfassend bei der Organisation Eurer Klausurtagung und empfehlen Euch geeignete Moderator*innen. Auch wenn Ihre keine externe Begleitung hinzuziehen möchtet, beraten wir Euch gern bei der Vorbereitung Eurer Klausurtagung.
[1] vgl. LAG Hessen 11.06.2012 16 TaBV 237/11.
[2] vgl. Fitting BetrVG § 37 Rn. 152.
[3] LAG Hessen 9.05.2011, 9 TaBV 196/10.